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Positionspapier der Juso-Hochschulgruppen Niedersachsen zur NHG-Novelle

Wir fordern die Landtagsfraktionen und die Landesregierung auf, eine umfassende Demokratisierung der Hochschulen in einer großen NHG Novelle in der Mitte der Legislatur zu verabschieden um die Hochschulen zu demokratisieren, Transparenz zu ermöglichen und Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen.

Gewicht der akademischen Gremien stärken

Innerhalb der akademischen Gremien muss die demokratische Mitbestimmung gestärkt werden, dies soll insbesondere durch eine Stärkung des Senats und der Fakultätsräte gewährleistet werden. Um das zu erreichen muss der Senat als Hochschulleitung mitbegriffen und institutionalisiert werden. Dafür muss zudem gesichert sein, dass der ehrenamtlich arbeitende Senat auf hinreichend unterstützendes Verwaltungspersonal zugreifen kann, das unabhängig vom Präsidium agiert. Dabei ist es wichtig alle Mitglieder der Universität zu beteiligen. Besonders wichtig ist eine gleichberechtigte Partizipation der Statusgruppen durch paritätische Besetzungen der Plätze in allen Gremien. Das muss sich auch in den Hauptaufgaben der akademischen Gremien widerspiegeln, zum Beispiel in den Findungskommissionen für die hauptamtlichen Präsidiumsmitglieder muss eine Senatsmehrheit umgesetzt werden, die eine garantierte Berücksichtigung aller Statusgruppen bietet.

Hochschul- und Stiftungsräte zum Visionsgeber umbauen

Der Hochschul- und Stiftungsrat muss als Denker und weniger als Lenker agieren und Visionen für die Hochschule entwickeln, die den akademischen Gremien als Leitfaden dienen können. Die Unabhängigkeit der Wissenschaft von der Wirtschaft und eine unabhängige Lehre und Forschung müssen Leitziel einer demokratischen Hochschule sein. Hochschul- und Stiftungsräte müssen bereits kurzfristig auf eine rein beratende Funktion reduziert werden. Insbesondere müssen dem Senat als demokratisch legitimiertem Gremium gegenüber dem Hochschulrat wieder mehr Kompetenzen zugesprochen werden. Es muss das Ziel gesellschaftliche Realitäten innerhalb des Hochschul- und Stiftungsrates besser abzubilden und wichtige Akteure wie Gewerkschaften und Stiftungen zu berücksichtigen. Hierfür ist eine Vergrößerung von diesen unumgänglich. Des Weiteren müssen die Mitbestimmungsrechte von Studierenden in diesem Bereich gestärkt werden, indem auch einE VertreterIn von den Studierenden entsandt wird.
Einhergehend damit muss die Hochschulfinanzierung primär vom Staat übernommen und gewährleistet werden um Abhängigkeiten und ungewollte Beeinflussungen zu vermeiden. Die Drittmittelabhängigkeit muss eingedämmt werden. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass private Investoren kein Veto-, Mitbestimmungs- oder Initiativrecht an Hochschulen haben.

Gute Arbeit an der Hochschule ermöglichen – Personalvertretung verstärken

Um dem gesamten Personal an Hochschulen eine bessere Position einzuräumen, bedarf es einer grundsätzlichen Vereinheitlichung der Interessenvertretung. Eine institutionalisierte MitarbeiterInnenvertretung für wissenschaftliche sowie hilfswissenschaftliche MitarbeiterInnen als auch für studentische Hilfskräfte ist daher unabdingbar. Weiterhin sprechen wir uns nachdrücklich für Mitbestimmungsrechte in Berufungskommissionen für MitarbeiterInnen in Technik und Verwaltung aus. Zusätzlich betonen wir, dass die Vertretung der Interessen von Promovierenden an Hochschulen auch von Promovierenden wahrgenommen werden muss.

Expertise der Studierenden würdigen

Die jetzigen Mitbestimmungsmöglichkeiten der Studierenden tragen vor allem im Bereich der Lehre nicht der ExpertInnenposition der Studierendenschaft Rechnung. Diese ExpertInnenposition begründet sich durch ihre Studienerfahrungen. Die studentische Mitbestimmung muss daher vor allem in Ihrer Verbindlichkeit gefestigt werden. Dies muss zum Beispiel durch ein Letztentscheidungsrecht der Studierenden bei der Vergabe der Kompensationsmittel, die den Universitäten die weggefallen Studiengebühren ersetzten, festgeschrieben werden. Des Weiteren dürfen Studiengangschließungen nicht über die Köpfe der Studierenden hinweg getroffen werden. Studierende müssen aktiv in den Prozess mit einbezogen werden, da Studiengangschließungen in erster Linie Einfluss auf das Leben der Studierenden haben.
Die Trennung von studentischer und akademischer Selbstverwaltung bleibt unbedingt notwendig, konservativen Wünschen wie der Abschaffung oder Beschneidung der verfassten Studierendenschaft müssen deutlich ein Riegel vorgeschoben werden.

Transparenz als Mittel zur Partizipation

Transparenz für und durch die hochschulpolitischen Akteure muss als Grundlage der demokratisch geführten Hochschule institutionalisiert werden. Damit eine hinreichende Kontrolle möglich ist, müssen die Drittmittel nicht nur gegenüber dem Präsidium sondern auch dem Senat angezeigt und die Inhalte benannt und in geeigneter Form zugänglich gemacht werden. Dadurch soll auch eine vereinfachte Möglichkeit geschaffen werden über die Legitimität bestimmter Projekte hochschulinterne Diskurse zu führen.
Organisationsstrukturell zeigt die Vergangenheit, dass die größeren Freiheitsgrade von Stiftungshochschulen lokal nur zu gestärkten Präsidien geführt haben, jedoch nicht im gleichen Maße Transparenz für akademische Gremien mit sich gezogen hat. Die Folgen daraus sind unterschiedlich, es verdeutlicht aber, dass sich kritischer mit bereits bestehenden Stiftungshochschulen auseinandergesetzt werden muss. Die Sinnhaftigkeit solcher Einrichtungen und das gesamte Modell der Stiftungshochschule muss genau evaluiert werden. Zu dem Umgang und der Zukunft von Stiftungsuniversitäten soll ein Konzept erarbeitet werden.
Transparenz darf dabei aber kein Privileg für höhere akademische Gremien bleiben, sondern muss sich verpflichtend bis in die Ebenen des Studienalltags hinein ziehen. Die bereits vorgeschriebenen Studiengangsevaluationen müssen belegbare Folgen nach sich ziehen indem die Hochschulen explizit aufzeigen was in welchen Punkten an Reaktion erfolgt.

Spezifische Stärken stärken – Übergänge erleichtern

Wir wollen ein starkes und offenes Hochschulsystem. Doch für uns steht auch fest: Ein gutes praxisorientiertes Hochschulwesen muss dem universitären theoretischen gleichwertig gelten. Dabei soll jedes System seine spezifischen Stärken behalten jedoch nicht als unter- oder überlegen angesehen werden. Dies gilt nicht nur für das Ansehen der Abschlüsse (über Bologna), sondern auch für die organisatorische Ebene. Wir wollen mehr hochschultypen-übergreifende Studiengänge und Promotionsstudiengänge, Kooperationen zwischen Fachhochschulen und Universitäten, die ein Studium mit den Vorteilen beider Hochschultypen ermöglichen, damit jedeR Studierende eine passende Form des Studiums findet. Für diese Studiengänge gilt ebenfalls, dass sie gleichgestellt mit Universitätsabschlüssen werden müssen und die Hochschulen gleichberechtigt die Ordnungen festlegen. Doch das hört nicht schon beim Master auf, es müssen Möglichkeiten geschaffen werden praxisorientierte Promotionen noch besser zu ermöglichen. Dazu bedarf es der eingehenden Prüfung eines Promotionsrechts für Fachhochschulen und Hochschulen.
Die 17 Hochschulen in Niedersachsen sichern Bildung und Innovation weit in der Breite des Flächenlandes, trotzdem dürfen nicht um jeden Preis Hochschulgründungen genehmigt werden. Vor allem die massive Gründungswelle privater Hochschulen muss gestoppt werden und ein geeignetes Qualitätsmanagement gefunden werden. Für die SPD bleibt Bildung eine staatshoheitliche Aufgabe. Die bereits existierenden privaten Hochschulen müssen zukünftig demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten und Gremien garantieren wie die staatlichen Hochschulen.

Gleichstellung als Fundament zur Demokratisierung

Die Gleichstellung der Geschlechter existiert im NHG bisher nur auf dem Papier, muss aber real an den Hochschulen umgesetzt und mit Leben gefüllt werden. Die bisher festgeschriebene soll- Regelung, die 50 Prozent Frauen auf den Gremienwahllisten einer Hochschule empfiehlt, ist größtenteils nicht bekannt und hat daher keine konkreten Auswirkungen auf die Geschlechtergerechtigkeit an Hochschulen. Hier gilt es dringen Abhilfe zu schaffen und durch gezielte Information alle Statusgruppen der Hochschule über diese soll-Regelung in Kenntnis zu setzen. Die Hochschulen sollten durch spezifische Programme verpflichtet werden weitere Maßnahmen zur Frauenförderung zu ergreifen, um ein Gleichgewicht zwischen den AbsolventInnen in allen Fachbereichen herzustellen. Nur so kann die Landesregierung für die Hochschulen schlussendlich eine Quote von 50 Prozent Frauen für die Besetzung der Lehrstühle festschreiben. Bis dies verpflichtend umgesetzt werden kann, sollten die Hochschulen zur Besetzung von Lehrstühlen das sogenannte Kaskadenmodell verfolgen.

Kopfgeburt nth auf die Füße stellen

Die Niedersächsisch Technische Hochschule, der Zusammenschluss der Universitäten Braunschweig, Clausthal und Hannover steht vor dem größten Wandel seit ihrer Gründung. Das Ziel Exzellenzinitiativenerfolge zu generieren ist gescheitert, für die Beteiligten ist fraglich inwiefern überhaupt zusätzliche Projekte akquiriert wurden die diese Universität nötig gemacht hätten. Ebenso Vorteile für Studierende ergaben sich nicht. Doch nicht nur darin bestanden Probleme. Auch operative Mitbestimmungsmöglichkeiten waren nur marginal vorhanden und selten möglich. Nach der momentanen Evaluation muss bei der anstehenden Reform Beteiligung der Mitglieder gesichert werden.
Die geplanten Reformen sollen vor allem die Kompetenzen und Entscheidungsmöglichkeiten umverteilen und sehen eine starke Hierarchisierung vor, in der ein 9 Köpfiger Rat aus den Präsidienten und Externen die gesamte operative Entscheidungsgewalt hat. Durch seine seltenen Tagungsrythmen und die erfahrungsgemäß geringe Einbindung des Senats, riskiert die nth ein reines Top-Down Konstrukt zu bleiben. Die SPD muss also darauf hinwirken, dass dieser Prozess demokratisiert und eine Gewährleistung des Einflusses aller Statusgruppen und Standortinteressen erhalten werden muss. Die vom Ministerium abgegebenen Kompetenzen müssen zugleich wirkungsvoll von inneruniversitären demokratisch legitimierten Kontrollinstanzen evaluiert werden und in Zielvereinbarungen mit dem Ministerium auf Erfolg geprüft werden.

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